Wann brauchen unsere Zimmerpflanzen frisches Wasser und wie viel vertragen sie überhaupt? In der Regel beruht die Versorgung unserer Pflanzen auf Schätzungen und Erfahrungen, die wir mit der Zeit sammeln. Die moderne Präzisionslandwirtschaft ersetzt diese Erfahrungen mit Messwerten und setzt so etwa Sensoren ein, um zu erfahren, wann Böden zu trocken sind. Dabei wird ein wichtiger Faktor allerdings noch immer außer Acht gelassen.
Denn Pflanzen sind nicht zu jedem Zeitpunkt bereit, Wasser, Licht und Nährstoffe aufzunehmen. Befindet sich eine Pflanze in einer Photosynthese-Phase, benötigt sie eine andere Pflege wie etwa, wenn sie erkrankt ist. Das Startup Hortiya trainiert daher eine Künstliche Intelligenz darauf, die Sprache der Pflanzen zu verstehen.
Feine Sensoren im Blumenkübel
Um Pflanzen zuzuhören, braucht aber auch eine Künstliche Intelligenz Sensoren. Hortiya entwickelte dafür eigene Technik, die etwa in der Nähe oder direkt an einem Tomatenstrauch angebracht sind. Diese Sensoren liefern der KI Echtzeit-Daten mit Informationen zur Feuchtigkeit der Erde oder indizieren, wie viel Licht zum Bespiel gerade auf die Blätter der Pflanzen trifft.
Pflanzen mit Sensoren auszustatten, ist in der Landwirtschaft aber keineswegs eine neue Entwicklung. Die meisten Betriebe, die Präzisionslandwirtschaft betreiben, orientieren sich bei der Versorgung von Nutzpflanzen an Sensordaten. Computerprogramme kombinieren diese Daten mit standortbezogenen Daten wie der Wettervorhersage. Forscher*innen aus den USA konnten so bereits nachweisen, dass sich der Einsatz an Herbiziden dadurch schon jetzt um bis zu neun Prozent einsparen lässt.
Mehr Effizienz in der Landwirtschaft bedeutet aber auch, die benötigten Ressourcen effizienter einzusetzen. Über Lichtsensoren können Betriebe etwa eine intelligente Steuerung von Lampen in Gewächshäusern nutzen. War eine Automatisierung früher nur über Zeitschaltuhren möglich, wird inzwischen anhand etlicher Faktoren entschieden, wann eine künstliche Lichtquelle erforderlich ist. Die Lampen schalten sich also erst dann an, wenn zu wenig natürliches Licht zur Verfügung steht. So lässt sich die Verfügbarkeit natürlicher Lichtquellen optimal ausnutzen, was wiederum Energie spart.
Doch auch diese Systeme orientieren sich allein an Umweltfaktoren. Die Pflanzen-KI von Hortiya fügt zusätzlich noch die Pflanzen selbst in die Gleichung ein.
Wann ist eine Pflanze bereit für neues Wasser?
“Unser Ziel ist, ein universelles Modell aus Daten zu trainieren, mit dem sich vorhersagen lässt, in welchem Zustand sich eine Pflanze befindet”, beschreibt Marc Weimer-Hablitzel, CEO von Hortiya, die Funktionsweise seiner Pflanzen-KI. Für Tomaten ist das Modell bereits im Gewächshaus im Einsatz. Basilikum und Cannabis stehen ebenfalls für Hortyia im Fokus.
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Einerseits ist sie stark von den Auswirkungen des Klimawandels und des Arten- und Biodiversitätsverlust betroffen. Andererseits trägt die Landwirtschaft selbst zu den Problemen bei.
Wie können digitale Lösungen auf Feldern und Höfen dabei helfen, Arten, Böden und Klima zu schützen?
Wir stellen Lösungen für eine digital-ökologische Transformation vor. Mehr erfahren.
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Zu verstehen, wann sich Tomaten, Basilikum und Cannabis in der Photosynthese befinden, wann sie erkrankt sind oder sich im Wassermangel befinden, sind für Landwirt*innen wichtige Informationen für die Pflege und Versorgung der Pflanzen. Denn automatisierte Gewächshäuser könnten anhand dieser Informationen genauer abschätzen, welche Ressourcen sie Pflanzen zufügen. Der bisherige Ansatz von “Lieber zu viel als zu wenig”, wie Marc Weimer-Hablitzel ihn beschreibt, ließe sich durch den datenbasierten und effizienten Ansatz ersetzen.
Für die Zukunft möchte Hortiya ein generalistisches Modell für Pflanzen entwickeln. Also eines, das nicht nur Signale bestimmter Pflanzen, sondern aller C3-Pflanzen interpretieren kann. Hierfür benötigt die Pflanzen-KI aber genauso wie herkömmliche Sprachmodelle vor allem eines: Möglichst viele Daten. Denn auch hier gilt, dass je länger das Modell trainiert wird und je mehr Anwender*innen sich in Zukunft finden, die ihre Daten zur Verfügung stellen, desto präziser kann die KI arbeiten.
Was es uns ermöglicht, die Sprache der Pflanzen zu verstehen
Die Verfügbarkeit einer Pflanzen-KI könnte in Zukunft für mehr Effizienz in der Präzisionslandwirtschaft sorgen, auch wenn Hortiya die verwendeten Sensoren nicht selbst zur Verfügung stellt. Bereits implementierte Systeme ließen sich dadurch ebenfalls anreichern, was wiederum zu mehr Daten und einer effizienteren KI führt.
Genau hierin liegt eine große Chance, die Emissionen der Landwirtschaft zu senken und sie auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Denn die Pflanzen-KI könnte sie ressourcenschonender machen, aufgrund einer besseren Automatisierung dem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken und sie ließe sich in allen Teilen der Welt einsetzen.
Das Sprachmodell Chat-GPT hat die aktuell schnellen Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz in den letzten Monaten für unzählige Menschen erlebbar gemacht. Dabei wird allerdings recht konsequent ignoriert, wie groß der Energieaufwand und der daraus folgende CO2-Ausstoß der KI ist. Die Pflanzen-KI von Hortiya zeigt hingegen, wie moderne Sprachmodelle das Gegenteil bewirken können.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Agrarwende – Die nachhaltige Landwirtschaft von morgen“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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